Warnung
vor Traumatisierung von Scheidungskindern
Frankfurt/Main
(dpa) - Psychiater und Therapeuten haben vor einer zunehmenden
Traumatisierung von Scheidungskindern gewarnt, die von einem
Elternteil dem anderen bewusst entfremdet werden. Der langfristige
Kontaktabbruch zwischen Eltern, Kindern, Großeltern und
Geschwistern führe in immer mehr Scheidungsfamilien zu
"leidvoller Entfremdung", so Psychiater Wilfried von
Boch-Galhau.
Dies sagte
der Experte am 18. Oktober in Frankfurt bei einer Tagung zum
Elternentfremdungssyndrom, kurz PAS, dem Parental Alienation
Syndrome. Diese bewusste Entfremdung besteht nach Erfahrung
der Psychologen nicht nur darin, dass der erziehende Elternteil
das Kind dem früheren Partner räumlich entzieht und
jeden Kontakt verhindert. Der Kontaktabbruch gehe häufig
auch mit massiver Beeinflussung gegen den ausgegrenzten Elternteil
einher. Kinder, deren zuvor geliebter Elternteil grundlos verteufelt
werde, flüchteten sich dann oft in eine radikale Ablehnung
des ausgestoßenen Elternteils. Die Folge eines solchen
psychischen Missbrauchs sei eine Traumatisierung bis in das
Erwachsenenalter, unterstrich Boch-Galhau. Die seelischen Auswirkungen
seien denen von sexuellem Missbrauch vergleichbar.
Trotz des
fortschrittlichen neuen Kindschaftsrechts in Deutschland fehlt
es Experten zufolge hier zu Lande an wirksamen Methoden zum
Umgang mit diesem Phänomen. Die rund 300 Tagungsteilnehmer
aus allen am Scheidungsprozess beteiligten Berufsgruppen - darunter
Familienrichter, Mediziner, Jugendamtsmitarbeiter und Verfahrenspfleger
- forderten "eindeutige Konsequenzen des staatlichen Wächters
zu Gunsten des Kindes". Jugendämter und Familiengerichte
müssten sofort einschreiten, wenn einer der beiden Elternteile
das Kind zu instrumentalisieren versuche.